Das Jagdhaus wurde um 1905 von der Gemeinde Rocherath erbaut. Die damaligen Jagdpächter stammten aus dem Ruhrgebiet. Bis 1920 bewohnte ihr Jagdaufseher Paul Schulze dieses Haus, das damals „Forsthaus Weidmannsheil“ hieß. Es war ein fester Steinbau mit Obergeschoss und ausgebautem Speicher und hatte sieben Schlafzimmer für Jagdgäste. Nebenan waren Stallungen, eine Scheune und Garage.
Als Rocherath und seine Wälder 1920 belgisch wurden, wurde der Jagdvertrag aufgelöst und die Familie Schulze zog weg. Jetzt wurde das Haus die Dienstwohnung des belgischen Gemeindeförsters Wack. Es war das erste Haus in Rocherath, das an das Fernsprechnetz angeschlossen wurde, und führte die Nr. 1. Aus familiären Gründen bezog die Familie Wack um 1927 eine Wohnung im Dorf. Sie zogen ins Haus Réngertsjanne in Rocherath.
Die neuen Jagdpächter waren R. Lefort, ein Stahlbaron aus Lothringen und die Familie Solvay, Eigentümerin der gleichnamigen Chemiewerke. Am 15. März 1932 beschloss der Gemeinderat unter Bürgermeister Kalpers, den Jagdpächtern das Jagdhaus gegen eine jährliche Miete von 8.000 Franken zu überlassen. Falls der Jagdhüter Vieh halten wollte, war die Gemeinde gewillt, auch Ländereien zu verpachten. Die Jagdpächter übernahmen das Jagdhaus für ihre eigene Unterbringung während der Jagdzeit und auch als Wohnung für ihren Jagdaufseher. Erst zog ein Herr Ferminne als Jagdhüter ein. Er wurde wenig später durch Leo Hönen aus dem Haus Kättrénge (vorne) in Rocherath ersetzt. Die Familie Hönen ist schon seit Generationen eng mit dem Rocherather Wald und Wild verbunden. Während der Jagdzeit führten die Schwestern von Leo Hönen den Haushalt mit den zahlreichen Gästen. Als Leo Hönen im Frühjahr 1938 heiratete, übernahm seine Frau Franziska Palm diese Aufgaben.
Die damaligen Jagdpächter, die wahrscheinlich intensive Geschäftsbeziehungen zum englischen Sprachraum hatten, nannten das Jagdhaus jetzt „Sam suphy“; es ist die Lautschrift in englischer Sprache für den französischen Begriff „Ca me suffit“, auf deutsch „Es genügt mir“. Wenn die Jäger anwesend waren, wurde die belgische Fahne gehisst, teils aus Patriotismus, aber auch um die anderen Waldnutzer von der Anwesenheit der Jäger in Kenntnis zu setzen.
Kriegszeiten
Nach der Mobilmachung im Januar 1940 wurden einige belgische Soldaten im Jagdhaus einquartiert. Sie legten Baumsperren an und zerstörten Brücken und Wege. Beim Einmarsch der deutschen Truppen am 10. Mai 1940 blieb das Jagdhaus unbehelligt. Am 18. Mai wurde per Führererlass das Gebiet Eupen-Malmedy in das Reich eingegliedert. Die Gemeinderäte wurden neu besetzt und noch im gleichen Sommer wurde die Gemeindejagd neu verpachtet. Der Gauleiter von Düsseldorf, Friedrich-Karl Florian wurde neuer Jagdpächter. Er übernahm das Jagdhaus und auch Leo Hönen als Jagdaufseher. Frau Hönen sollte weiterhin den Haushalt führen und die Jagdgäste betreuen. Einige illustre Gäste kamen zur Jagd: u.a. Prinz August Wilhelm von Preußen, Sohn des letzten Kaisers, und Adolf Galland, hochdekorierter Jagdflieger. Seit der Einnahme von Rocherath durch die Amerikaner am 12. September 1944 lag das Haus in einem Niemandsland. Leo Hönen befand sich als Soldat in Russland. Frau Hönen mit ihren beiden Kindern Freddy und Zita und ihrer Schwester Maria durchleben dramatische Tage zwischen den Fronten. An manchen Tagen haben sie abwechselnd Besuch von amerikanischen und deutschen Patrouillen, die sich im Jagdhaus aufwärmten oder verpflegten.
Am 6. Oktober 1944 wurde Familie Hönen mit den andern Einwohnern von Rocherath-Krinkelt nach Malmedy evakuiert. Im Oktober und November drängten die Amerikaner die deutschen Truppen immer weiter in den Wald hinein. Frontlinie wurde jetzt das Oleftal bis vor Wahlerscheid. Das Jagdhaus wurde zum Gefechtsstand der Kampfgruppe (Regimental Combat Team, unter dem Befehl von Colonel Alexander J. Mackenzie), die ab dem 13. September die Kreuzung Wahlerscheid und an der Olef die Westwallstellungen bei Daubenscheid und Wiesenhardt angriffen. Am 17. Dezember mussten die US Truppen sich wegen der Gefahr der Einkesselung zurückziehen.
Nun wurde das Jagdhaus zum Gefechtsstand von Oberstleutnant Jaquet, dem Kommandeur von Regiment 991 der 277. Volksgrenadierdivision. Es diente jetzt auch als Verbandsplatz und Sammelstelle für Gefangene. Bei der Rückeroberung des Rocherather Waldgebietes Ende Januar 1945 spielte das Jagdhaus keine Rolle mehr. Durch Artilleriebeschuss und Sprengung war es zur Ruine geworden. In einem Brief des Gauleiters Florian von 1952 an Leo Hönen ist vermerkt: “ … Als damals die Kämpfe im alten Jagdrevier tobten, erbat ich bei dem zuständigen Generalfeldmarschall eine Patrouille, die die Verhältnisse im und um das Jagdhaus feststellen sollte. Der Offizier, der diese Patrouille geführt hat, konnte nur berichten, dass von Ihnen und Ihrer Familie nichts zu ermitteln sei, und dass das Jagdhaus zerstört sei. …“
Nachkriegszeit
Die Ruinen des Jagdhauses wurden 1958 abgerissen und eingeebnet und das Areal den umliegenden Wiesen beigefügt. Durch Tausch ging es 1991 in den Besitz von Richard Stoffels (heute Guido Stoffels) über. Im Jahre 2002 wurde die Wiese umgepflügt. Man konnte die Lage der Fundamente feststellen und zahlreiche Granatsplitter, deutsche und amerikanische Munition, sowie Kleinkram aus Haushalt und Küche wurden gefunden.