Kalender 2018

Vereinsgeschichten aus Rocherath-Krinkelt

Mit diesem 12. Monatskalender begeben wir uns in die rege Vereinswelt von Rocherath-Krinkelt. Dabei versuchen wir, Schnappschüsse, also möglichst ungestellte Momentaufnahmen aus der Vergangenheit einiger Vereine zu zeigen.

Hier, wie auch anderswo, sind Vereine (neben Kirche und Schule) herausragende Stützpfeiler des Zusammenlebens und des Zusammenhalts der Menschen geworden. Sie führen Gleichgesinnte zusammen, ermöglichen Erfolgserlebnisse, vermitteln Kenntnisse, fördern die individuelle Persönlichkeit, schweißen zusammen und beleben den Ort. Jeder Verein pflegt neben seinen eigentlichen Aktivitäten auch verschiedene Formen des geselligen Beisammenseins, ob intern oder im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen, die besucht oder selbst organisiert werden. Gerade heute, wo sich die Arbeitswelt der allermeisten Menschen außerhalb des Wohnorts befindet, würden besonders Dörfer schnell veröden und an Lebensqualität verlieren, wenn sie ohne Vereine wären. Heute zählt Rocherath-­Krinkelt 19 Vereinigungen (s. Liste im Anhang). Doch diese Vielfalt hat sich erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts entwickelt.

Das Titelbild des Kalender „Vereinsgeschichte(n).

Gründerzeiten

Die erste Vereine entstanden (über)regional als Interessenvertretungen und ­Genossenschaften, lokal für eine gemeinsame und sinnvolle Freizeitgestaltung. Begriffe wie „Feierabend“, „Freizeit“, „Urlaub“ oder gar „Hobby“ waren unseren Vorfahren noch unbekannt. Natürlich kannte auch ihre Arbeit Pausen und Ruhephasen, die jedoch von den Erfordernissen der bäuerlichen Arbeit vor­gegeben waren. Die beliebteste Freizeit- oder Feierabendbeschäftigung war das Zruete, d.h. das Aufsuchen von Nachbarn oder Bekannten, um Neuigkeiten und Anekdoten auszutauschen. Während hier beide Geschlechter verteten waren, war es den Männern vorbehalten, die vielen Viehmärkte zu besuchen und manche Zeit in den Schankstätten zu verbringen, um gemeinsam zu fachsimpeln, zu karten und sonntags auch zu kegeln. Die Spiele hatten sich viele in der Militärdienstzeit angeeignet. Die in der Dorfgemeinschaft verbrachte „Freizeit“ drehte sich fast ausschließlich um das kirchliche Leben innerhalb wie außerhalb der Kirchenmauern sowie um das Feiern von Festen wie Karneval oder Kirmes.
Anfang der 1850er Jahre gründete der damalige Lehrer und spätere Gastwirt Johann Schumacher (Fähxe) einen Gesangverein, der offenbar nur gelegentlich bei weltlichen Anlässen auftrat (s. Kasten links). Auf Betreiben von Pfarrer Carl Vierschilling gründete Schumacher 1878, im 75. Jahr der Pfarre Rocherath, auch einen Kirchenchor. Bei weltlichen Anlässen war es in der Region immer mehr üblich, einen ortseigenen Musik­verein aufzubieten; gleiches galt für die aufkommenden Vereinsumzüge und Vereinstreffen. So hatte spätestens 1880 auch Rocherath-Krinkelt einen „hier neugebildeten Musikverein“ (Kreisblatt 27.03.1880). Als dieser ab 1889 mit dem weltlichen Chor den Musik- und Gesangverein „Eintracht“ bildete, wurde er von Johann Greimers dirigiert. Derweil leitete Schumacher weiter den Kirchenchor. Nach seinem Tod 1903 gab es nur noch einen Chor, der in der Kirche als „St. Cäcilia“ und anderweitig als „Eintracht“ auftrat. Im 1. Weltkrieg bis 1923 und dann wieder ab 1930 durften auch Frauen mitsingen und somit erstmals aktiv am Vereinsleben teilnehmen.
Unterdessen bestand in Rocherath-­Krinkelt ab 1910 auch ein Krieger­verein. Es folgten 1924 die freiwillige Feuerwehr und 1931 das aus ihren Reihen hervorgegangene Tambourkorps. Ab dem Kriegsbeginn 1940 wurde die Bevölkerung während 3-4 Jahren mit mehreren Organisationen des NS-Regimes konfrontiert, die besonders die ­Jugend vereinnahmen und indoktrinieren wollten. Zwar boten die Lokal­sektionen von „Hitlerjugend“ (HJ) und „Bund deutscher Mädel“ (BDM) erstmals organisierte Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche an, auch wurde den Jungmännern nahegelegt, mit dem Lokal­ableger der „Sturmabteilung“ (SA) zu marschieren, doch blieb der Erfolg dieser und weiterer NS-Gruppen (Frauen­schaft, Kraftfahrerkorps usw.) begrenzt. Die Tätigkeiten gingen zurück, als der Krieg immer mehr Opfer forderte.

Moderne Entwicklungen

Nach den verheerenden Erfahrungen der Kriegsjahre war das Vereinsleben zum Erliegen gekommen. Manch einer wollte sich nirgendwo mehr engagieren. Dennoch entstanden nach und nach wieder Vereine. Ab den 1950er Jahren wurden vermehrt „neue“ Bereiche abgedeckt: Angebote für Frauen, Jugendarbeit und besonders die Ausübung verschiedener Sportarten. Auch hat sich eine Förderung durch die Behörden entwickelt – ab den 1960er Jahren durch erste Vereinsinfrastrukturen und ab den 1970er Jahren durch Funktions­zuschüsse.

Heute konkurrieren die Vereinigungen mit einem schier unerschöpflichen Freizeitangebot in einer globalisierten Welt. Vereine und Organisationen agieren mehr und mehr ortsübergreifend, um genügend Mitglieder zu erreichen. Waren „früher“ die Menschen auf Vereine angewiesen, um ihre Freizeit interessant zu gestalten, müssen Vereine heute oftmals Personen regelrecht umwerben, um sie als Mitglied und für die damit verbundene ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen. In ­jedem Fall sollte mit Stolz und Dankbarkeit auf die Leistungen der Vereine und ihrer Mitglieder im Dienste der Dorfgemeinschaft geblickt werden.

Unser Fotokalender streift vor allem die letzten 65 Jahre. Die Bilder zeigen viele bekannte Gesichter, deren Namen wir mit Zusatzinfos aus Platzgründen in den Anhang verlegt haben.

Wir danken allen, die in irgendeiner Weise, insbesondere durch Fotos und Infos, zum Gelingen dieses Kalenders beigetragen haben, und wünschen viel Freude beim (Neu)Entdecken der hiesigen Vereinswelt.

Die Mitglieder der Geschichtsgruppe Rocherath-Krinkelt

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