4. Existenznöte

Wirtschaftlich war das 19. Jahrhundert für die Eifeler Bevölkerung insbesondere durch einen allgemeinen Niedergang geprägt. Gleich in mehreren Jahren fiel die Ernte auf Grund des schlechten Wetters sehr karg aus. Ihren Höhepunkt fand diese Entwicklung in den Jahren 1882/83, als Dauerregen zu derartigen Missernten führte, dass 2/3 der Menschen in größte Armut gestürzt wurden. Diese Zeit wird in der Geschichtsforschung vielfach auch als „Eifelnotstand“ bezeichnet.

In jener Zeit wanderten zahlreiche Menschen aus; viele suchten ihr Glück im verheißungsvollen Amerika, das mit unbegrenzten Möglichkeiten lockte. Für die Hiergebliebenen war es problematisch, dass meist „junge, unverheirathete und kräftige Arbeitsleute, die auch hier [in Rocherath] ihren Unterhalt finden konnten“ , ihre Heimat verließen. Ihre Arbeitskraft fehlte nun natürlich in Haus und Hof.

Dreiherrenwald rodeten die Krinkelter und Rocherather sich ihre Siedlung frei. Dieser Wald prägte Jahrhunderte lang das tägliche Leben der Bevölkerung.

Dreiherrenwald rodeten die Krinkelter und Rocherather sich ihre Siedlung frei. Dieser Wald prägte Jahrhunderte lang das tägliche Leben der Bevölkerung.

Bei dieser Gelegenheit sei kurz die Geschichte des 1857 in Rocherath geborenen Peter Palm erwähnt, der 1892 im Alter von 35 Jahren in die USA auswanderte. Dort traf er auf den Mürringer Metzger Nikolaus Schmitz, mit dem er wahren Pioniergeist bewies: Kurz vor der Jahrhundertwende bauten die beiden auf einem Stück Land in Minnesota, das sie von der US-Regierung bekommen hatten, ein Postamt in der Nähe einer vielbefahrenen Durchgangsstraße. Dieses kleine Fleckchen tauften sie dann „Rochert“, nach der mundartlichen Aussprache des Namens Rocherath. Das Postamt Rochert gehört heute zu einer gleichnamigen Ortschaft, die mit etwa 1000 Einwohnern größer ist als der Herkunftsort von Peter Palm.

Auf Grund nicht enden wollender Missernten sah sich die preußische Regierung zu tiefen Eingriffen in die Lebensweise der Bevölkerung genötigt. Eine Verbesserung der Lebensverhältnisse konnte vor allen Dingen durch die Umstellung von Schaf- und Ziegenzucht auf die Rinderzucht erreicht werden, die bis heute von den meisten Landwirten in unseren Breitengraden betrieben wird. Dazu wurde u.a. eine „Hülfskasse zur Erleichterung des Vieherwerbs“ gegründet. 1897 wurde in Büllingen eine Molkerei gegründet, die einiges zum wirtschaftlichen Aufschwung der umliegenden Dörfer beitragen konnte. Auch mit dem Vormarsch der Eisenbahn Ende des 19. Jh. und der Anbindung Büllingens an das Schienennetz im Jahr 1912 erhielt die Region Anschluss an die immer rasanter fortschreitenden Entwicklungen der Moderne.

Das Forsthaus Tanneck (Foto um 1905) am Waldesrand von Rocherath-Krinkelt.

Das Forsthaus Tanneck (Foto um 1905) am Waldesrand von Rocherath-Krinkelt.